Zweiter Bericht Podiumsdiskussion „Design ohne Designer“ mit Kommentaren

Zweiter Bericht Podiumsdiskussion „Design ohne Designer“ mit Kommentaren

Markus Rammerstorfer hat über die Podiumsdiskussion „Design oder Designer“ am 24. 11. 2009 im Stuttgarter Rosensteinmuseum hier schon berichtet.Mit etwas Verspätung folgt hier ein weiterer Bericht mit einigen Kommentaren.Am „Darwin-Tag“, dem 150. Jahrestag der Veröffentlichung von Charles Darwins „Über den Ursprung der Arten“, fand vor ca. 200 Besuchern im überfüllten Walsaal des Museums Schloss Rosenstein eine ungewöhnliche Podiumsdiskussion zum Thema „Design ohne Designer“ statt. Ungewöhnlich deshalb, weil vier Evolutionskritiker beteiligt waren, die mit fünf Evolutionsbefürwortern knapp drei Stunden lang diskutierten. Und Podiumsveranstaltungen dieser Art sind ohnehin selten und nicht unumstritten (1).
Mit insgesamt 9 Teilnehmern (2) , die nach kurzen Einführungen über sieben Themen (s. u.) pro und contra diskutieren sollten, war das Podium zu groß, als dass wirkliche Diskussionen möglich gewesen wären. Für jedes Thema waren 10 Minuten Zeit vorgesehen, davon je drei Minuten für einen Vertreter jeder Partei und anschließend vier Minuten Diskussion unter den jeweiligen Referenten. Diese Diskussion fand aber kaum statt. Auf die ersten beiden „Kontra“-Voten gab es nur eine Entgegnung der Evolutions-Fraktion, den Kritikern wurde danach keine Möglichkeit zur Antwort mehr eingeräumt. Das Thema „Dysteleologie“ wurde aus Zeitgründen nach den Eingangsstatements gar nicht diskutiert; lediglich bei drei der sieben Themen gab es ansatzweise eine Diskussion.

Laut Presseinformation des Naturkundemuseums war eine Diskussion zu folgenden Fragen angekündigt: „Gibt es eine wissenschaftliche Erklärung für den Ursprung des Lebens, oder wurde das erste Leben eher von einem intelligenten Schöpfer erschaffen? Ist das scheinbar plötzliche Auftreten der meisten Tierstämme während der so genannten „Kambrischen Explosion“ vor etwa 600 Millionen Jahren ein Widerspruch zu Darwins Theorie? Liefern die informationsverarbeitenden Mechanismen in der DNA und theoretische Schwierigkeiten für die Entstehung neuer Eiweissmoleküle gültige Argumente für die Theorie des Intelligenten Designs? Gibt es biologische Nanotechnologie, wie z.B. die Schwimmgeissel der Bakterien, die so kompliziert und verzahnt gebaut ist, dass sie nicht durch einen darwinistischen Evolutionsprozess entstanden sein kann, oder ist deren Komplexität doch reduzierbar auf viele kleine Evolutionsschritte? Sind vermeintliche Konstruktionsfehler und suboptimale Lösungen bei manchen Lebewesen ein schlagender Beweis gegen einen ‚Designer’? Muss die wissenschaftliche Arbeitsweise zwangsläufig nur auf naturgesetzliche Erklärungen zurückgreifen oder gibt es rationale Argumente dafür auch übernatürliche Eingriffe in die Natur als zulässige Erklärungsalternativen anzusehen?“
Es war vorab vereinbart worden, dass es um „Intelligentes Design“ versus „natürliche Evolution“ gehen sollte, nicht um Kreationismus und auch nicht um theologische Aspekte (die dann aber von seiten zweier Evolutionsvertreter doch kurz angesprochen wurden).

Die Eindrücke, die die Referenten und die Besucher mitnehmen, werden sicher recht unterschiedlich sein, je nach Färbung der „Brille“, durch die man das Gehörte bewertet. Daher können und sollen nachfolgende Notizen und Bewertungen nicht den Anspruch von Objektivität erheben. Ich greife einzelne in meinen Augen besonders interessante Inhalte der Ausführungen der Referenten auf und gebe einige Kommentare dazu. Berichte und Eindrücke anderer Teilnehmer und von Besuchern finden Sie unter den in Anmerkung 3 angegebenen Links.
Eine komplette Übersicht über die Inhalte der Referenten gebe ich hier nicht, sondern konzentriere mich auf die Wiedergabe und Kommentierung der Ausführungen der Evolutionsbefürworter. Zusammenfassungen der Kritiker sind online abrufbar (4).

Zunächst kurz einige allgemeine Eindrücke:
• Es kam so ziemlich die komplette Palette der verbreiteten Vorurteile und Verzerrungen über „Intelligent Design“ zur Sprache, von fehlender Prüfbarkeit bis hin zu „Horrorvision“ und „Gefahr für die Wissenschaft“.
• Die Untersuchung der Funktionen und Genetik der Lebewesen wurde mehrfach als „Evolutionsforschung“ hochstilisiert bzw. dafür vereinnahmt. Vieles wurde als evolutionstheoretische Erklärung präsentiert, was lediglich Beschreibung gegenwärtig ablaufender Prozesse und Gegenstand der funktional-analytischen Biologie ist, die unabhängig von Ursprungsfragen betrieben werden kann.
• Über Erklärungsprobleme von Evolutionstheorien wurde weitgehend hinweggegangen (kambrische Explosion, nichtreduzierbare Komplexität, Entstehung des Lebens, Neuverschaltung von Genen im Rahmen des Evo-Devo-Ansatzes; im Einzelnen siehe unten!).
• Die Evolutionsanschauung wurde mit großer Selbstverständlichkeit als Tatsache präsentiert, an der es nichts zu zweifeln gebe. Dennoch haben sich die Evolutionsvertreter m. E. unter Wert verkauft, da sie kaum Argumente präsentierten, die als Stütze einer allgemeinen Evolution gewertet werden können, obwohl es diese zweifellos gibt.
• Verschiedentlich wurden Methodenfragen angesprochen; das wäre ein wichtiges Thema gewesen, aber das kam viel zu kurz.
Die Generalfrage „Design ohne Designer“ wurde in insgesamt sieben Themenblöcken thematisiert.

Professor Dr. Martin Blum („Was ist Evolution?“) bezeichnete Theorien als das Beste, das Naturwissenschaftler haben, sie beschreiben Sachverhalte, die sich „nur bestätigt“ haben, so auch die Evolutionstheorie. Theorien machen Voraussagen, so haben die Vererbungsgesetze Darwin bestätigt, ebenso Molekularbiologie und Genetik. Neue Techniken führten zu immer neuen eindrucksvollen und überwältigenden Beweisen für Evolution. Blum zitierte Francis Collins als gläubigen Christen, der Evolution akzeptiere. Daran sehe man, dass es gar keinen Widerspruch zwischen Evolution und christlichem Glauben gebe. Kreationismus und „ID“ sollten aufhören, die Gültigkeit der Naturgesetze zu bezweifeln, wir bräuchten Wissenschaft für die gegenwärtigen Herausforderungen wie Klimakrise und neue Krankheiten.
Kommentar: Viele angebliche Vorhersagen der Evolutionstheorie wurden in Wirklichkeit nie vorhergesagt; vielmehr werden Evolutionstheorien im Nachhinein überraschenden Befunden immer wieder angepasst. Da das Paradigma „Evolution“ dabei gar nicht zur Disposition steht, ist es kein Wunder, dass die Befunde immer „passen“. Die Tatsache, dass ein Christ wie Francis Collins die Evolution akzeptiert, ist für sich genommen überhaupt kein Argument dafür, dass Evolution und christlicher Schöpfungsglaube wirklich zusammenpassen. In seinem Buch „Gott und die Gene“ diskutiert Collins die wichtigsten Fragen einer „Schöpfung durch Evolution“ nicht einmal. Naturgesetze werden von den Evolutionskritikern selbstverständlich nicht bezweifelt; und Evolution ist kein Naturgesetz. Außerdem braucht der Design-Ansatz Wissenschaft, um sich bewähren zu können.

Dr. Jürgen Kriwet („Entstehung des Lebens“) meinte, es sei „einfach“ und mit wenig Aufwand möglich, aus abiotischen Stoffen „organische Strukturen“ zu erzeugen. Wie das genau gelaufen sei, sei schwer zu fassen. Darauf kam er kurz auf die Endosymbiontenhypothese zu sprechen, die zum Thema „Entstehung des Lebens“ allerdings gar nicht gehört. Nach der Gegenrede von Dr. Lönnig antwortete Prof. Blum, dass die heutigen Einzeller ja nicht die anfänglichen seien, sie seien nach langer Evolution entstanden. Es gebe eine Vielzahl von Hypothesen, die testbar seien, das sei Wissenschaft und das vermisse er bei ID.
Kommentar: Dr. Kriwet sprach mehrfach von „organischen Strukturen“, die in Experimenten zur chemischen Evolution entstünden, aber das ist viel zu allgemein formuliert. Die eigentlichen Fragen und Probleme (z. B. wie entstehen die Makromoleküle des Lebens?) werden damit umgangen und das Publikum – soweit unkundig – in die Irre geführt, jedenfalls dann, wenn der Eindruck entstanden sein sollte, man hätte wesentliche Schritte zum Leben nachvollzogen (was sicher nicht der Fall ist). Auf Prof. Blums Einwand konnte Dr. Lönnig nicht mehr antworten, da der Moderator das Wort direkt an Michael Maisch weitergegeben hat. Die Antwort hätte z. B. lauten müssen, dass die bisherigen Tests zur chemischen Evolution lebensnotwendiger Makromoleküle fehlgeschlagen sind und man nur mit solchen Lebewesen argumentieren kann, die man kennt; unter diesen sind auch die einfachsten sehr komplex (worauf Dr. Lönnig auch in seinem Statement hinwies).

Dr. Michael Maisch („Kambrische Explosion“) verglich den Fossilbericht mit einer Bibliothek, aus der nur ganz weniges und das sehr bruchstückhaft erhalten sei. Jedes Fossil sei eine Anomalie, insbesondere Fossillagerstätten seien „astronomisch unwahrscheinlich“. Damit wollte er offenbar die kambrische Explosion des Lebens als Artefakt erklären. Vereinzelt gebe es Fossilien aus dem Präkambrium; Fossilien müssten interpretiert werden. In seiner Antwort auf mein Statement wies dabei er noch einmal auf die Lückenhaftigkeit hin, um dann das Thema zu wechseln und über die Evolution der Wale und der Vierbeiner zu sprechen zu kommen, wo die Datenlage für die historische Evolutionsforschung paläontologisch zweifellos deutlich besser ist als bei den Fossilien des Kambriums. Erklärungen für die kambrische Explosion nannte Dr. Maisch aber auch in seiner Entgegnung nicht.
Kommentar: Eine Antwort auf Dr. Maischs Entgegnung wurde mir leider nicht mehr eingeräumt. Ich hätte darauf hingewiesen, dass die kambrische Explosion aufgrund der immensen Zahl verschiedenster Bauplangestalten nicht als Artefakt aufgrund zu geringer Erhaltung gewertet werden kann, sondern echt und damit ein schwerwiegendes evolutionstheoretisches Problem ist (5).

Professor Dr. Martin Blum („DNA und Proteinevolution“) sprach über Steuergene, „Werkzeugkasten“ und konservierte Gene. Diese Befunde seien eindrucksvolle Beleg für Evolution. Dazu gebe es Modularität in vielen Bereichen der Lebewesen, was Evolution erleichtere. Während das Lanzettfischchen nur einen Satz von Hox-Genen besitze, haben die Wirbeltiere nach einer „doppelten Verdopplung“ vier Sätze davon, das ermögliche eine Spielwiese für die Evolution. Als weiteres Beispiel erwähnte er die Darwinfinken: Wenige Gene kontrollieren deren Schnabelformen.
Kommentar: In Wirklichkeit sind die Befunde des Baukastensystems der Gene und deren Konserviertheit evolutionär völlig unerwartete Befunde (dazu können viele Zitate von Evolutionstheoretikern als Belege genannt werden). Dass diese nachträglich evolutionär gedeutet werden, ist zwar möglich, aber keinesfalls eine glänzende Bestätigung bestehender Theorien, zumal ganz neue Modellierungen einer evolutiven Entstehung eines Baukastensystems und der Modularität erforderlich sind. Diese neue Situation hat dazu geführt, dass einige Biologen bisher bekannte Evolutionsmechanismen als unzureichend betrachten (6). Eine (rein hypothetische) Verdopplung eines Satzes von Hox-Genen würde einen unübersehbaren Aufwand an neuen Abstimmungen im Erbgut und im Stoffwechsel erfordern. Es wäre fair gewesen zu sagen, dass man derzeit keine Antwort geben kann, wie ein solcher Vorgang durch ungerichtete Evolutionsprozesse ablaufen soll. Der Hinweis auf die „Spielwiese für die Evolution“ erklärt nichts, denn es muss gezeigt werden, wie das Spiel läuft. Der Ähnlichkeitsvergleich (Genetik des Lanzettfischchens mit der Genetik der Wirbeltiere) erklärt ebenfalls keine Mechanismen und kann nicht einmal als sicherer Beleg für Evolution gelten (7). Stattdessen benutzte Prof. Blum öfter eine Art Schöpfungsvokabular, das heißt er umschrieb die hypothetischen evolutiven Prozesse so, als ob ein Schöpfer am Werk sei. Die verwendete teleologische Sprache war einmal mehr in diesem Zusammenhang verräterisch. Und was die Darwinfinken angeht, erklärt die Tatsache, dass wenige Steuergene die Form der Schnäbel kontrollieren, in keiner Weise, woher das ganze System kommt.

Dr. Hansjörg Hemminger („Nichtreduzierbare Komplexität“) behauptete, die Widerlegung des Argumentes mit der „nichtreduzierbaren Komplexität“ sei „ganz simpel“. Der Trick der ID-Literatur sei es hier, einen extrem unwahrscheinlichen Prozess für die Entstehung vorzuschlagen. Man macht einen Vergleich mit einer industriellen Endfertigung, so laufe das in der Natur aber nicht ab. Man müsse Modelle einer schrittweisen Entstehung entwickeln, bei diesen seien Wahrscheinlichkeitsabschätzungen für die Evolution der Einzelschritte aber schwer machbar. Dennoch sei absehbar, dass die Evolution nichtreduzierbarer Komplexität möglich sei. Nichtreduzierbare Komplexität sei „überhaupt kein gravierendes Problem“. Der Schluss auf ID sei vollkommen willkürlich. Denn nur weil ein Prozess nicht funktioniere, heißt das ja nicht, dass es auch keinen anderen gebe. Man breche einfach willkürlich mit Erklärungsversuchen ab, wenn man irgendwann einen Schöpfer ins Spiel bringt. Die Argumentation für ID könne nur durch argumentative Kunstgriffe geführt werden.
Auf meine Ausführungen (8) antwortete dann Prof. Blum und kam auf das Auge und deren Masterkontrollgene zu sprechen; Genaktivierung sei mit kleinsten Änderungen möglich. Ein Masterkontrollgen könne neue Kaskaden anschalten; die Augenevolution sei entsprechend verfolgbar und verstehbar. Danach ließ der Moderator einen kurzen Wortwechsel zwischen ihm und mir zu. Ich wies darauf hin, dass Masterkontrollgene die Entstehung der gesamten Kaskade genauso wenig erklären wie der An/Aus-Knopf einen Fernseher; weiter dass auch „Flickschusterei“ Teleologie impliziere, da auch ein Flickschuster Ziele verfolge, überhaupt seien die Formulierungen mit teleologischen Begriffen durchsetzt, und Experimente, mit denen zielgerichtete Prozesse simuliert werden, seien vollkommen wertlos als Simulationen ungerichteter Evolutionsprozesse. Außerdem konnte ich (noch einmal) darauf hinweisen, dass es sich bei der Design-Thematik um eine historische Fragestellung geht und die Forderung nach einem ID-Experiment daher verfehlt sei, hier müsse man methodisch anders vorgehen. Leider musste die Diskussion dann abgebrochen werden.
Kommentar: Dr. Hemminger kritisiert eine Argumentation, die in der präsentierten Form gar nicht von ID-Befürwortern vorgebracht wird, sondern eine verbreitete Karikatur. In meinem Statement zu diesem Thema habe ich versucht, eine adäquate ID-Methodik in den wenigen zur Verfügung stehenden Minuten zu skizzieren (vgl. Anm. 8). Ich gab Dr. Hemminger Recht, dass man Modelle aufstellen müsse, es dann aber darauf ankäme, zu prüfen, ob sie gemessen an experimentellen Befunden realistisch seien. Der Schluss auf Design sei ein Schluss auf die beste Erklärung, der auch widerlegbar sei.

Dr. Mike Thiv („Dysteleologie“): Unvollkommene Organe (Dysteleologien) passten sehr gut zur Evolutionslehre, da Evolution ungerichtet und ergebnisoffen verläuft und daher nur suboptimale Strukturen erzeugen könne. Es gebe teilweise einander entgegenlaufende Selektionsdrücke, was ein Abwägen und „Kompromisse“ erfordere. Jeder Organismus sei an sein Genom gebunden. Als Beispiel wurde das inverse Auge der Wirbeltiere genannt; das Tintenfischauge sei besser. Die Struktur des Auges sei ein Kompromiss unserer evolutionär entstandenen genetischen Ausstattung. Nur innerhalb dieser Gegebenheiten können die Selektion die Strukturen optimieren.
Kommentar: Hier kann zum einen auf die Entgegnung von Markus Rammerstorfer verwiesen werden (9). Wachsende Kenntnis über Bau und Funktionen vermeintlich fehlkonstruierter Organe hat schon oft dazu geführt, dass die Behauptung eines Konstruktionsfehlers widerlegt werden konnte. Dies gilt auch für die Konstruktion unseres Linsenauges (10) wie auch für das vielzitierte Beispiel des Wurmfortsatzes des Blinddarms, auf den Rammerstorfer in seinem Statement einging. Aus Zeitgründen wurde über diesen Punkt nicht weiter diskutiert.

Dr. Hansjörg Hemminger („Naturalismus und Wissenschaft“): Dr. Hemminger betonte, dass man nicht mit dem Schöpfergott in naturwissenschaftlichen Theorien operiert. Der methodologische Naturalismus fuße auf drei Annahmen: 1. Es gibt eine Realität außerhalb von uns. 2. Dort gibt es regelhafte Ursache-Wirkungs-Beziehungen, 3. Diese kausale Ordnung gilt überall (z. B. auch in der Ursuppe). Das sei eine „minimalistische Metaphysik“ der Naturwissenschaft, die auch in die fernen Räume des Weltalls, in den Mikrokosmos der Atome und in die ferne Geschichte ausgedehnt werde.
Kommentar: Dass man Gott in Theorien einfüge, ist eine Karikatur; das macht niemand. Die „minimalistische Metaphysik“ wird mit entsprechenden Grenzen und Insuffizienzen der naturwissenschaftlichen Methode erkauft. Sie ist für viele Fragen nicht alleine oder gar nicht zuständig; insbesondere in Ursprungsfragen kann Naturwissenschaft nur als ein Werkzeug zur Gewinnung von Indizien gelten, ist aber nicht alleine „zuständig“. In seiner Entgegnung wies Dr. Lönnig denn auch darauf hin, dass es nicht darum gehen könne, nur naturalistische Erklärungen zuzulassen; Wissenschaft müsse auch für weitere bzw. ergänzende Erklärungsmöglichkeiten offen sein.

In den kurzen Abschluss-Statements der Redner fiel auf, dass die Evolutionsbefürworter sich in einer Weise über den Design-Ansatz äußerten, als ob vorher von den Befürwortern nichts dazu gesagt worden wäre. Ein Eingehen auf das zuvor Vorgetragene war hier nicht erkennbar. Es wurde erneut die Frage nach Forschungsansätzen von ID und der Methodik aufgeworfen. Das wäre in der Tat ein interessantes Diskussionsthema gewesen, aber der Rahmen der Veranstaltung ließ eine nennenswerte Diskussion darüber nicht zu. Der Design-Ansatz sei früher einmal Grundlage für Wissenschaft gewesen, das aber hätten wir hinter uns, von da kommen wir her. Warum sollten wir das Rad der Geschichte noch einmal neu erfinden? Was aber, wenn der Design-Ansatz gar nie zurecht aus der Wissenschaft verschwunden ist? (s. u.)
Obwohl vom Veranstalter laut vorab gegebenem „Reglement“ nicht erwünscht, kamen auch theologische Aspekte zu Wort, allerdings nicht von den Kritikern, sondern von den Evolutionsbefürwortern. Evolution vertrage sich mit dem Schöpfungsglauben, der „Lückengott“ funktioniere nicht (den hatte ohnehin niemand bemüht), ein göttlicher Plan liege vor und außerhalb des Urknalls und manifestiere sich in den Naturgesetzen. Das gleichzeitige Bekenntnis zu einer naturalistischen Evolution lässt dann aber doch fragen, ob der Schöpfungsbegriff damit nicht völlig seines Inhalts entleert wird (11).
Bemerkenswert war noch das Statement von Dr. Thiv, die Evolutionstheorie suche nicht nach Wahrheit, sondern nach plausiblen Erklärungen, die auch verworfen werden können. Wenn das so ist, weshalb wird Evolution dann so vehement als Tatsache verteidigt; wie kann man dann – wie an diesem Abend mehrmals geschehen – von eindrucksvollen Bestätigungen reden, wenn es gar nicht um Wahrheit geht, man sich also nicht an ihr orientieren kann? Woran werden also die Bestätigungen festgemacht? Will man nicht doch die Wahrheit herausfinden?
Und dass dabei der Design-Ansatz eben doch nach wie vor im Rennen ist, belegte unter anderem Markus Rammerstorfer in seinem Abschluss-Statement mit einem Zitat des ID-Kritikers Michael Ruse: „Wir untersuchen Organismen – mindestens ihre Teile – als wären sie erschaffen, als wären sie entworfen worden („designed“), und dann versuchen wir ihre Funktionen herauszufinden. Zielorientiertes – teleologisches – Denken ist in der Biologie angebracht, weil, und nur weil Organismen so aussehen, als wären sie konstruiert, als wären sie von einer Intelligenz erschaffen worden.“ (12)

Anmerkungen
1 siehe Achdulieberdarwin; dort unter 2) und Darwin-Jahr-Komitee; dort bei „Kreationisten im staatlichen Naturkundemuseum“
2 Siehe Ankündigung des Museums
3 Achdulieberdarwin; Bericht Markus Rammerstorfer; Eindrücke eines Zuhörers; Forum Grenzfragen
4 Beiträge der Kritiker; die Beiträge von Rammerstorfer und mir entsprachen etwa dem Text der Zusammenfassung. Lönnigs Zusammenfassungen sind sehr viel länger als sein vorgetragener Beitrag.
5 siehe dazu mein Statement, dort Seite 6-8.
6 Zu allen diesen Punkten siehe R. Junker, Evo-Devo
7 Vgl. grundsätzlich zum Ähnlichkeitsargument: Junker R (2002) Ähnlichkeiten, Rudimente, Atavismen. Holzgerlingen.
8 siehe dazu mein Statement, dort Seite 10f.
9 Statement von M. Rammerstorfer, dort Seiten 12f.
10 Vgl. Ullrich et al. (2006) Zankapfel Auge
11 Vgl. B. Kaiser, Die EKD und die Abschaffung der Schöpfung
12 Ruse M (2003) Darwin and Design. Does Evolution have a purpose? Harvard Univ. Press, S. 268.
Eingestellt von Reinhard Junker um Samstag, Dezember 19, 2009 0
http://www.evolution-schoepfung.blogspot.com

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